Was am Dienstag noch eine Meldung der „Washington Post“ war, die ihre Informationen von anonymen Quellen zugespielt bekommen hatte, ist nun seit gestern offiziell: Die USA haben die Sanktionen gegen die venezolanische Ölindustrie aufgehoben, nachdem die Regierung von Nicolas Maduro eine Einigung mit der Opposition erzielt hatte. Schon im kommenden Jahr sollen in dem südamerikanischen Land, das zugleich über die weltweit größten Ölreserven verfügt, Neuwahlen abgehalten werden.

Maduro: „Neue Ära mit den USA“
Präsident Maduro erklärte in einer Fernsehansprache, er sei bereit, „eine neue Ära“ mit den USA einzuleiten: „Lasst uns das Blatt wenden, lasst uns die Beziehungen auf der Grundlage von Respekt und Zusammenarbeit wiederherstellen.“ Maduro fügte hinzu, dass sein Land angesichts der getroffenen Vereinbarungen und Entscheidungen mit Nachdruck und schrittweise auf den Öl- und Gasmarkt zurückkehrt.

Sechsmonatige Genehmigung an strenge Auflagen gebunden
Die USA erteilten Venezuela eine sechsmonatige Allgemeingenehmigung, die vorübergehend Transaktionen im Öl- und Gassektor erlaubt. Die Lizenz wird nach Angaben des US-Finanzministeriums nur erneuert, wenn Venezuela seine Verpflichtungen im Rahmen eines Fahrplans für faire Wahlen erfüllt.

„Das Risiko besteht darin, dass das Abkommen auf Versprechen von Maduro beruht, und Maduro ist nicht dafür bekannt, dass er Versprechen einhält“, gab Eric Farnsworth, ein ehemaliger hochrangiger Diplomat des US-Außenministeriums zu bedenken

USA als Hauptprofiteur der Einigung
Die Lizenz, die bis zum 18. April 2024 gültig ist, erlaubt die Produktion, die Förderung, den Verkauf und den Export von Öl oder Gas aus Venezuela. Dazu kommt die Bezahlung von Rechnungen für Waren oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Öl- oder Gassektor in Venezuela. Außerdem werden neue Investitionen in Öl oder Gas in Venezuela und die Lieferung von Öl und Gas aus Venezuela an Gläubiger der venezolanischen Regierung zum Zwecke der Schuldentilgung genehmigt.

Die Lockerung der Sanktionen könnte die Einfuhren von schwerem Rohöl aus Venezuela in die USA deutlich erhöhen. Bis Mittwoch war Chevron der einzige westliche Großkonzern mit einer Sondergenehmigung für den Betrieb von Ölfeldern und den Export von Rohöl aus Venezuela. Die Erlaubnis war dem US-Energieriesen von der Regierung Biden Ende letzten Jahres erteilt worden.

Venezuela könnte Ölproduktion um 25 Prozent steigern
Ein Anstieg der venezolanischen Produktion und der Exporte könnte zweifellos dazu beitragen, das knappe globale Ölangebot zu entspannen. Der Ausstoß liegt verschiedenen Schätzungen zufolge derzeit bei rund 800.000 Barrel pro Tag. Venezuela ist zwar Mitglied der OPEC+, allerdings aufgrund der Sanktionen von den aktuellen Förderkürzungen ausgenommen.

Die gelockerten Sanktionen würden es dem südamerikanischen Land ermöglichen, die Produktion um 200.000 Barrel pro Tag zu steigern, schätzten die Analysten des renommierten norwegischen Energieberatungsunternehmens Rystad Energy ein. Damit wäre das Land allerdings immer noch meilenweit von den drei Millionen Barrel entfernt, die in den 1990er Jahren aus den Ölquellen gepumpt wurden.

Bis die Ölproduktion in Venezuela wieder Fahrt aufnimmt, muss die Welt mit dem vorhandenen Angebot zurechtkommen. Und das hat sich gestern an den Rohstoffmärkten wieder verteuert. Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet im Schnitt etwa +1,40 bis +1,90 Euro pro 100 Liter mehr bezahlen als noch am Donnerstag.

Source: Futures-Services