An den Ölmärkten hatte der Freitag für Investoren mit einem versöhnlichen Wochenausklang geendet. Die Preise für die Sorten WTI und Brent erhöhten sich um 2,4 respektive 2,3 Prozent. Auf Wochensicht verbuchten sie dennoch ein tiefrotes Minus: Die Abschläge summierten sich auf jeweils gut 4 Prozent.

Kriegsprämie wieder ausgepreist
Angesichts der zuletzt deutlich zurückgekommenen Notierungen an den Ölmärkten, sehen Analysten die zuvor wegen des Kriegs zwischen Israel und der Hamas aufgebaute Risikoprämie als mittlerweile wieder ausgepreist an. Inzwischen kostet ein Barrel der Sorte Brent mit rund 81 Dollar rund 4 Dollar weniger als vor dem Terrorangriff der Hamas auf Israel. Nachfragesorgen haben die Angst vor Produktionsausfällen im Zuge des Nahost-Konflikts verdrängt. Solange sich der militärische Schlagabtausch nicht auf die gesamte Region des Nahen Osten ausbaut, wird das aktuelle Preisniveau beim Rohöl von Experten als tragbar eingestuft.

Überschätzt die OPEC die Ölnachfrage?
Der Preisrutsch hatte sich in den vergangenen fünf Handelstagen an den Ölmärkten fortgesetzt, obwohl Saudi-Arabien am letzten Wochenende angekündigt hatte, seine freiwillige Produktionskürzung von einer Million Barrel pro Tag bis zum Jahresende fortzusetzen.
Es kann nun allerdings durchaus sein, dass die OPEC die Ölnachfrage überschätzt hat. Es kann aber auch sein, dass kein Akteur auf dem Ölmarkt in der Lage ist, alle Preis beeinflussenden Faktoren zu überblicken.

Ölhändler sehen Chinas Wirtschaft im Abschwung
Die chinesischen Wirtschaftsdaten liefern ein gutes Beispiel für die aktuelle Orientierungslosigkeit an den Ölmärkten. Denn einerseits hatte Peking im Oktober einen Rückgang der Warenexporte gemeldet, andererseits einen gleichzeitigen Anstieg der Ölimporte. Dennoch werteten die Ölhändler die Daten als Anzeichen einer wirtschaftlichen Abkühlung im Reich der Mitte und stießen Rohöl an den Märkten ab.

Das ist eine durchaus zu hinterfragende Entscheidung. Vor allem angesichts der Tatsache, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) am letzten Dienstag die Wachstumsprognosen für China sowohl für dieses als auch für das nächste Jahr angehoben hat. Der IWF rechnet nun mit einem Wachstum des chinesischen BIP von 5,4 Prozent gegenüber 5 Prozent in früheren Prognosen.

Rekordmenge an US-Öl bringt Ölpreise unter Druck
Zusätzlich unter Druck geraten die Ölpreise derzeit durch Meldungen, dass die USA Rekordmengen an Öl aus dem Boden pumpen und nach Übersee verschiffen.
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg in der letzten Woche meldete, sind in diesen Tagen 48 Tanker auf dem Weg in die USA, die in den nächsten drei Monaten Rohöl laden sollen. Das ist die größte Anzahl von Schiffen seit mindestens sechs Jahren, wie aus den von Bloomberg zusammengestellten Bewegungsdaten der Tanker hervorgeht.   

Die große Flotte von Supertankern, die Kurs auf die Vereinigten Staaten hält, ist ein gutes Beispiel für die immer größere Rolle, die amerikanisches Rohöl auf dem globalen Ölmarkt spielt. Die US-Rohölexporte erreichten in der ersten Hälfte des Jahres 2023 mit durchschnittlich 3,99 Millionen Barrel pro Tag ein Rekordhoch. Das sind fast 20 Prozent mehr als in der ersten Jahreshälfte 2022, wie aus den Daten der Energy Information Administration (EIA) hervorgeht. 

Während also Saudi-Arabien, Russland und andere Mitglieder des OPEC+-Pakts einen Teil der Ölversorgung zurückhalten, um auf den Ölmärkten höhere Preise durchzusetzen, erweist sich die USA als durchaus mächtiger Gegenspieler, der die Pläne des Ölkartells durchkreuzen und für sinkende Ölpreise sorgen kann.

Nachdem die Notierungen für Gasöl, dem Vorprodukt für Diesel und Heizöl, heute Morgen abermals leicht rückläufig sind, wirkt sich dieses Minus auch auf die Heizölpreise aus. Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet müssen im Schnitt etwa -0,60 bis -1,40 Euro pro 100 Liter weniger bezahlen als noch zum Wochenschluss.

Source: Futures-Services