Seit die Corona-Pandemie im Frühjahr zu einem der heftigsten Nachfrageeinbrüche der Geschichte führte, hat die Organisation erdölproduzierender Länder (OPEC) ihre Produktion stark beschränkt, um eine Überversorgung am Ölmarkt zu verhindern. Ab Januar sollten diese Förderkürzungen eigentlich wieder etwas gelockert werden, allerdings deutete zuletzt viel darauf hin, dass die OPEC ihre Kürzungen auch im neuen Jahr beibehält. Konkrete Ergebnisse gab es bei einer gestern stattfindenden Sitzung aber nicht.

 

Förderkürzungen als Mittel gegen Nachfrageeinbruch

Im Mai beschloss die OPEC, aufgrund der dramatischen Corona-Situation, ihre Produktion um historische 9,7 Millionen Barrel (à 159 Liter) pro Tag zu beschränken. Beteiligt an den Kürzungen sind neben den 13 OPEC-Mitgliedsstaaten auch nicht-OPEC Länder wie Russland (OPEC+). Der Erfolg stellte sich schnell ein und die Ölpreise stabilisierten sich wieder etwas, nicht zuletzt auch weil nach dem Ende der ersten Pandemie-Welle die Ölnachfrage wieder etwas anstieg.

 

Doch nun hat sich mit der viel heftigeren zweiten Welle von Corona-Infektionen das Blatt wieder etwas gedreht. Die Ölnachfrage kommt wieder deutlich ins Straucheln und die Unsicherheit über die nahe und mittelfristige Zukunft steigt. Zwar geben die guten Nachrichten zu wirksamen Impfstoffen weltweit Hoffnung, doch an den Ölmärkten ist man sich auch bewusst, dass es noch lange dauern wird, bis Impfungen flächendeckend zur Verfügung stehen und das Leben tatsächlich wieder normal verlaufen kann.

 

Bis dahin hat die OPEC+ aber ein ganz anderes Problem, denn  aus den eigenen Reihen steigt die Ölproduktion stetig an. So hält sich beispielsweise der Irak, zweitgrößter Produzent der OPEC nach Saudi-Arabien, nur zögerlich an die Kürzungen und hat in den vergangenen Monaten immer wieder mehr produziert als vereinbart. Gleichzeitig ist die Ölförderung Libyens nach dem Ende des dortigen Bürgerkrieges wie ein Phönix aus der Asche auferstanden und bringt aktuell täglich über 1,2 Millionen Barrel Öl täglich auf den Markt.

 

OPEC setzt auf Hinhaltetaktik

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die OPEC+ ihre aktuellen Kürzungen auch im neuen Jahr für mindestens 3 Monate, möglicherweise sogar 6 Monate beibehält. Die Marktteilnehmer hatten in den letzten Tagen eigentlich fest damit gerechnet, das beim gestrigen Planungstreffen des Bündnisses, das seit Corona einmal im Monat stattfindet, genau dies beschlossen werden würde.

 

Doch nach dem Treffen gestern gab es weder neue Erkenntnisse noch klare Beschlüsse. Statt dessen vertagte man die endgültige Entscheidung auf die offizielle Vollversammlung, die am 30. November und 1. Dezember per Videokonferenz stattfinden wird. Der Markt sei zu sehr im Fluss, um jetzt schon eine konkrete Aussage treffen zu können, hieß es von Seiten des saudischen Energieministers Abdulaziz Bin-Salman. Man werde aber flexibel auf die Marktverhältnisse reagieren.

 

Für die Marktteilnehmer heißt es nun erneut abwarten und Tee trinken. Die Unsicherheit an den Ölbörsen bleibt entsprechend groß, hätte doch die Entscheidung, die Förderkürzungen wie geplant zu lockern, das Potenzial, die Ölpreise wieder auf Talfahrt zu schicken.

Source: Futures-Services